Mehr als 120 Ermittlungsbeamte haben in der vorigen Woche die Büros der Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung (BWF) durchsucht. Die geschockten Anleger, die um ihre Gold-Investments fürchten, dürften sich jetzt juristisch gegen ihre Finanzberater wenden.
Wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Anlagenbetruges haben nach Angaben der Polizei Berlin rund 120 ihrer eigenen Beamten sowie fünf Ermittler der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am vergangenen Mittwochmorgen insgesamt 19 Durchsuchungsbeschlüsse in Berlin und Köln vollstreckt. Ziel waren Geschäftsräume und Wohnungen von Managern des Bund Deutscher Treuhandstiftungen e.V.
Der Kölner Verein bot Anlegern unter dem Namen „Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung“ beziehungsweise „BWF-Stiftung“ an, physisches Gold zu erwerben. Den ursprünglichen Kaufpreis sollten sie nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit plus „Zuwachsraten zwischen 5 und 7,5 Prozent pro Jahr“ zurückerhalten. Dieses Gold-Investment wurde „als gewinnbringende Alternative zu Fonds oder Sparbuch“ beworben.
Einlagengeschäft ohne BaFin-Erlaubnis
Doch der Verein „betrieb das Einlagengeschäft ohne die erforderliche Erlaubnis der BaFin“, heißt es von der Finanzaufsicht. Sie untersagte der BWF-Stiftung daher per Bescheid, „das weitere Betreiben des Einlagengeschäfts“. Und: „Das Einlagengeschäft ist durch vollständige Rückzahlung aller angenommenen Gelder abzuwickeln.“ Der damit beauftragte Rechtsanwalt Dr. Georg Bernsau informiert darüber auf seiner Internetseite.
Wie viel der Abwickler von den sichergestellten Geldern an die etwa 6.500, die rund 48 Millionen Euro in den BWF-Investments angelegt hatten, zurückzahlen kann, ist aber ungewiss. Denn nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes Berlin wurde ein zweistelliger Millionenbetrag der Anlegergelder gar nicht zum Goldkauf Gold verwendet. Nach Angaben der Tageszeitung Berliner Kurier floss das Geld vermutlich unter anderem in den Kauf von Immobilien.
Sichergestelltes Gold nur Dubletten?
Die Verantwortlichen hätten somit vertragswidrig und betrügerisch gehandelt. „Die Ermittlungen richten sich derzeit gegen zehn Personen“, heißt es von der Staatsanwaltschaft Berlin. Die Kriminalbeamten stellten bei ihrer Razzia in Berlin neben Computer und Aktenordnern auch insgesamt etwa vier Tonnen Metall als Beweismaterial sicher.
Dieses Metall aus den BWF-Tresoren wird nach Polizeiangaben auf seinen Gold-Feingehalt geprüft. Denn möglicherweise handele es sich dabei lediglich um so genannte Dubletten. Dabei handelt es sich um eine dünne Schicht echten Edelmetalls, mit dem ein günstigerer Stoff ummantelt wird. Nach Angaben des Berliner Kuriers besteht der sichergestellte BWF-Schatz zu etwa 95 Prozent aus vergoldetem Kupfer.
Bis zu 400 Vermittler sind betroffen
Die Verträge, die Anlegern Rückkaufpreise von bis zu 180 Prozent des Kaufpreises unabhängig von der Entwicklung des Goldpreises garantierten, sollen von bis zu 400 Vermittlern vermittelt worden sein, berichtet der Bielefelder Rechtsanwalt Daniel Blazek (Foto links), der in mehr als 200 Fällen auch die Interessen von Finanzvermittlern vertritt, die von Anlegern der insolventen Infinus-Muttergesellschaft Future Business KGaA (FuBus) verklagt wurden.
Blazeks Einschätzung für den aktuellen Fall BWF fällt pessimistischer als in der Causa FuBus: „Für die Vermittler sieht die Situation nicht gut aus.“ Denn die Fragen auf Anlegerseite und die angekündigte Kommunikationsweise des Abwicklers, der bereits angekündigt hat, telefonische Anfragen nicht zu beantworten, würden dazu führen, dass sich die Anleger an die Vermittler wenden.
Klagen gegen BWF-Vermittler drohen
„Wenden sich die Anleger an Anlegeranwälte, geraten die Vermittler erfahrungsgemäß schnell in den Fokus einer möglichen Haftung“, erklärt Blazek. Um nicht als „Prügelknaben“ herhalten zu müssen, empfiehlt Blazek Vermittlern, den Anlegern in der Kommunikation oder Informationsvermittlung zu helfen. „Andernfalls übernehmen das die Anlegeranwälte, was eher zu Nachteilen der Vermittler führt.“
Es sei zwar fraglich, ob die Angeklagten später tatsächlich für die Vermittlung eines trotz Abwicklung zivilrechtlich grundsätzlich wirksamen Geschäfts beziehungsweise einer schuldhaften Pflichtverletzung haften. Doch das spiele „in der ersten Ebene der anwaltlich assistierten Anlegerorientierung“ gegen die Vermittler, die auf die Rechtmäßigkeit des vermittelten Geschäft vertraut haben und glaubten, werthaltige Sachwerte zu vermitteln, aber kaum eine Rolle.
Quelle: http://www.procontra-online.de