Mini-Zinsen: Sparen ist jetzt nur noch eine ökonomische Dummheit!

Sollte man Geld zur Seite legen? Ein Konto fürs Kind eröffnen? Nein, nein und nochmal nein, zeigt ein Blick auf die aktuellen Witz-Zinsen. Die Deutschen brauchen endlich einen neuen Blick aufs Geld.

Pinguin Ole sieht auf den ersten Blick irgendwie süß aus. Das Kuscheltier ist rund und niedlich, und es trägt diesen schicken roten Schal mit dem Sparkassen-Logo.

Doch Ole ist irgendwie ein bisschen zu dick. Pausbackig und mit einem übertrieben treuherzigen Silberblick scheint er durch eine Welt zu tappen, die er längst nicht mehr versteht. In die er vielleicht gar nicht mehr hineingehört.

Trotzdem hat Ole jedes Jahr im Herbst seinen großen Auftritt. Beim Weltspartag Ende Oktober wird er landesweit von vielen Sparkassen an Kinder verteilt.

Der Nachwuchs soll so früh wie möglich davon überzeugt werden, dass Sparen etwas Feines ist. Man schlachtet sein Sparschwein in der Filiale, es wird feierlich ein Konto eröffnet, dazu gibt es Kuchen, Kaffee, Fanta – und Ole.

Viel mehr aber auch nicht. Im vergangenen Jahr warben einige Sparkassen beispielsweise für das Sparprodukt „S-Vermögenssparen“. Wer sich aber die Zinssätze dazu anschaute, fiel vom Glauben ab.

Traurige Zeiten beim Tagesgeld

Es gibt nur noch Bruchteile von einem Prozent. Selbst wenn der junge Neukunde die gigantische Summe von 10.000 Euro mitbringt, gewinnt er im Laufe eines Jahres gerade mal 19 Euro durch Zinsen.

Es dürfte noch weniger werden. Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) vergangene Woche den Leitzins 0,15 Prozent senkte und sogar einen negativen Einlagezins von 0,1 Prozent für Finanzinstitute festlegte, steht fest: Geld zur Seite legen lohnt sich nicht mehr.

Wenn die Profis ihre Einlagen über Nacht bei der EZB parken, müssen sie künftig am nächsten Morgen eine Strafgebühr zahlen. Es dürfte nicht lange dauern, bis die Institute die Regeln der neuen Geldwelt an ihre Kunden weitergeben. Wer spart, ist dann endgültig der Dumme.

Bei den Banken sieht es nicht anders aus als bei Sparkassen. Nur in Einzelfällen gibt es dort für Tagesgeld noch deutlich mehr als ein Prozent. Der Tagesgeld-Index des Finanzportals biallo.de, der einen breiten Marktdurchschnitt darstellt, fiel vergangene Woche auf ein neues Tief von 0,54 Prozent.

Bald werden immer mehr Finanzinstitute nur noch eine schwarze Null bieten. Den Deutschen dürfte es besonders schwerfallen, damit zurechtzukommen.

Tiefe Verwurzelung in der deutschen Kultur

Sie horten 1,88 Billionen Euro auf Girokonten, Tages- und Festgeldkonten und wissen einfach nicht, was sie sonst tun sollen. In einem der sensibelsten Momente ihrer finanziellen Kulturgeschichte wurde es ihnen doch genau so beigebracht: Sparen ist gut.

1924 wurde der Weltspartag ins Leben gerufen. Die von der Regierung unterstützte Aktion sollte die Bevölkerung nach der Hyperinflation wieder vom Wert des Geldes überzeugen.

Vielleich liegt es daran, dass man sich im größten Moment der Schwäche besonders nachhaltig überzeugen lässt – jedenfalls gehören die Deutschen mit einer durchschnittlichen langjährigen Sparquote von gut zehn Prozent ihres Haushaltseinkommens zu den fleißigsten Sparern der ganzen Welt. Nur die Chinesen sparen noch mehr.

Sparen ist so tief verwurzelt, dass es auch in anderen Bereichen ohne Hinterfragen als tugendhaft gilt: Energie sparen, Sprit sparen, Zeit sparen, Wasser sparen, Platz sparen.

Gelegentlich soll man auch „eisern sparen“, wobei vergessen wird, dass dies eine Erfindung aus der NS-Zeit ist. 1941 wurde ein Sparprogramm dieses Namens eingeführt, um überschüssige Kaufkraft abzuschöpfen und für Kriegsausgaben einzusetzen.

Sparen wird zum Selbstzweck

Im Laufe der Zeit etablierte sich hierzulande auch das Bausparen, eine Sparform für duldsame Bürger, die ihren Lebenslauf aus Beruf, Heirat, Familie und Eigenheim fest im Blick haben. Bausparkassen gibt es zwar auch in anderen Teilen der Welt, aber nur in Deutschland gibt es auch das dazugehörige „Bausparkassengesetz“.

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 allerdings ist die Sparquote rückläufig. Georg Fahrenschon, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes, führt das auch auf die niedrigen Zinsen zurück: „Hier findet eine schleichende Vernichtung von Vermögenswerten statt. Eine solide Sparkultur – wie wir sie ja in Deutschland derzeit auch noch haben – ist dringend notwendig. Wir haben aber die große Sorge, dass dieser Kurs der EZB die Sparer weiter verunsichert.“

Es gibt aber auch Untersuchungen, etwa vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), die die sinkende Sparquote mit der demografischen Entwicklung erklären. Die Theorie lautet: Wenn eine Bevölkerung immer älter wird und das Renteneinstiegsalter gleich bleibt, wird im Alter immer mehr „ent-spart“, also mehr Geld ausgegeben. „In der EU fällt die Sparquote bis 2040, ehe sie dann relativ konstant bleibt“, so das ZEW.

Aus welchen Gründen auch immer – Sparen wird zunehmend zum Selbstzweck. Es ist kein Renditemodell mehr. Lebensversicherungen leiden unter dem dauerhaft niedrigen Zins und müssen Garantiezusagen und Beteiligungen an Reserven kürzen.

Just in der vergangenen Woche wurde ein entsprechendes Gesetz im Kabinett beschlossen. Auch die Bausparkassen ächzen, denn sie müssen, wie die Assekuranzen, viele alte Verträge mit relativ hohen Zinsversprechen weiter bedienen. Wer heute einen Bausparvertrag abschließt, zahlt mehr Gebühren als er Zinsen erhält. Allein die Aussicht auf extra niedrige Darlehenszinsen bei der Zuteilung hält die Kunden bei der Stange.

Das Ende der Zinsempfindlichkeit

Wenn es also nichts mehr bringt, Geld zur Seite zu legen, wird das Sparen auf seine ganz ursprüngliche Bedeutung zurückgeworfen. Reinhard Blomert, Finanzhistoriker am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin, sagt: „Sparen ist eben auch eine Denkweise, bäuerlich als Vorrat für den Winter, städtisch als Geldhaltung, ein Teil der menschheitlichen Erfahrung seit der Vertreibung aus dem Paradies. Es widerspricht dem Von-der-Hand-in-den-Mund-leben.“

Man legt Geld zur Seite, um für den Notfall etwas zu haben. Glaubt man Roland Boekhout, Vorstandschef der ING Diba, geht es seinen Kunden auch gar nicht mehr um Rendite: „Die Deutschen sind seit der Krise nicht mehr so zinsempfindlich. Sie jagen nicht mehr den besten Konditionen nach.“

Auch Frank Kohler, Vorstandssprecher Sparda-Bank Berlin, stellt fest: „Unsere Kunden agieren nach dem Motto: Nichts zu verlieren, ist schon fast gewonnen. Wir verzeichneten 2013 noch steigende Einlagen, obwohl wir gerade mal 0,1 Prozent aufs Tagesgeld zahlen.“

Dumm nur, wenn das, was man sich zur Seite legt, wegen der Inflation immer schneller wertlos wird. Wer wirklich Vermögen aufbauen will, müsste anders investieren. Doch Aktien oder Fonds als potenzielle Renditebringer kommen für die Mehrheit nicht infrage: „Die Deutschen wollen das Risiko von Aktien nicht hinnehmen“, sagt Boekhout. „Das kann ich verstehen. Und vielleicht ist es auch ein guter Gedanke, sich ein Haus zu kaufen und das einfach abzuzahlen.“

Letzter Ausweg Aktie

Tatsächlich sind die Bauzinsen parallel zu den Marktzinsen ebenfalls deutlich gefallen. Doch im selben Maße steigen auch die Immobilienpreise. Wer baut, ist also nur dann finanziell im Vorteil, wenn seine Immobilie im Laufe der Jahre im Wert steigt. Ansonsten bleibt nur die Aussicht auf mietfreies Wohnen im Alter, was für viele allerdings schon Gewinn genug ist.

Selbst bei der Baufinanzierung besinnen sich die Deutschen auf ihre Spartugenden, bringen viel Eigenkapital ein und stottern brav alles ab. Die Banken haben kaum Kreditrisiken in ihren Büchern. „Unsere Ausfallraten in der Baufinanzierung sind weit unter den Erwartungen“, sagt ING-Diba-Chef Boekhout.

Manche Anlagestrategen wünschen sich, dass der deutsche Sparer seinen alten Urtrieb einfach mal an Aktien auslässt. Er müsste es nur schaffen, die zappeligen Kurse zu ignorieren und schön regelmäßig Anteilsscheine zu kaufen. „Aktien sind ein Langfristinvestment“, sagt Ingo Mainert von Allianz Global Investors. Als solches sind sie anderen Formen der Geldanlage klar überlegen.“

Wer diesen Sprung nicht schafft, wird weiter die Gesellschaft von Pinguin Ole und seinen Freunden Didi und Dodo aus den „Knax“-Comics der Sparkassen teilen müssen. Auf deren Insel „Knax“ könnte es ja doch ganz schön sein.

Dein Bernd M. Schmid (Finanz Punk)

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