»Hans-Olaf Henkel: Euro gerettet, Deutschland zerstört!«

Der neue Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sorgt sogar in Frankreich für Freude: Kein Wunder, gibt Deutschland damit doch wichtige Bausteine seines Wettbewerbsvorteils auf. Das liegt vor allem am Mindestlohn.

Frankreichs Präsident Hollande pries den deutschen Koalitionsvertrag, insbesondere die geplante Einführung eines gesetzlichen und flächendeckenden Mindestlohns und die Reduzierung des Renteneintrittsalters. Nichts zeigt den mit dem Einheitseuro verbundenen Harmonisierungszwang und die damit verbundene wettbewerbsschädliche Wirkung des Einheitseuros besser als dieses Lob. Je mehr Deutschland von seinen Wettbewerbsvorteilen aufgibt, je weniger muss sich die französische Regierung bemühen, selbst die nötigen Strukturreformen durchzuführen. Keine Frage, die Harmonisierung der Sozialversicherungssysteme, der Steuersätze und der Produktivität in der Eurozone sind Voraussetzung zur Stabilisierung des Euro, genauso wie die fortschreitende Zentralisierung der Entscheidungsprozesse. Dabei ignoriert diese Politik die verheerenden Auswirkungen, die sie mittelfristig auf die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte auf dem Weltmarkt haben wird.

Man stelle sich vor, die Athleten der Eurozone würden sich bei olympischen Laufwettbewerben von jetzt an in die Hand versprechen, immer zur gleichen Zeit im Ziel anzukommen. Das wäre zweifellos ein großer Beitrag zur Harmonie zwischen den Sportlern dieser Länder. Die Medaillen würden Sportlern aus anderen Ländern umgehängt. Weniger als 40 Prozent deutscher Exporte gehen heute noch in die Eurozone, Tendenz abnehmend, trotzdem scheinen sich Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Medien vor allem mit Vergleichen Deutschlands zu den Ländern in der Eurozone zufrieden zu geben, anstatt sich mit allen Regionen und Ländern zu vergleichen. Die Eurozone schrumpft? Kein Problem, wir wachsen dieses Jahr um 0,7 Prozent! Da wird schnell übersehen, dass die Wirtschaft weltweit um über 2 Prozent in diesem Jahr zugelegt hat. Klar, unter den Blinden in der Eurozone sind die einäugigen Deutschen König. Im internationalen Vergleich jedoch hat der Einäugige sicher nicht genügend Durchblick.

Mit der Einheitswährung wurde eben nicht, wie im Vertrag von Lissabon einmal versprochen, eine stabile Grundlage für gegenseitigen Wettbewerb geschaffen, sondern ein weiches Polster der innereuropäischen Harmonisierung. Wobei bereits dieses heute gebräuchliche Wort eine Beschönigung darstellt: Nicht Harmonie wird durch diesen Prozess erzeugt, sondern Nivellierung. Lebensstandard und Arbeitsverhältnisse der Eurozonenländer sollen einander angeglichen werden. Dass bei dieser Angleichung der eine mehr bekommt, der andere weniger, liegt auf der Hand. Unbemerkt bleibt, dass der eine mehr bekommt, weil es dem anderen heimlich genommen wird. Als harmonisch kann man diese Umverteilung wohl nicht bezeichnen.

Das europäische Nord-Süd-Gefälle

Und das liegt eben am Euro. Da sich die innereuropäischen Unterschiede am Nord-Süd-Gefälle festmachen lassen, beschließt man zu Recht, die südlichen, wirtschaftlich schwächeren Länder den nördlichen, stärkeren anzupassen. Nur ist das leichter gesagt als getan. Immerhin hat der Süden, mit Ausnahme Frankreichs, erkannt, dass nur durch Reformen des aufgeblähten Staatsapparats, seines restriktiven Arbeitsmarkts und der überbordenden Sozialsysteme eine gewisse Kompatibilität mit dem Norden erreicht werden kann. Gern haben die Südländer den Sparzielen zugestimmt, die mit Brüssel ausgehandelt und deren Einhaltung durch das reisende Schnellgericht, die Troika, kontrolliert werden. Nur haben sie keines dieser Ziele erreicht. In keinem dieser Länder wurden die Reformen so wie versprochen durchgeführt. Nicht nur haben sie sich selbst um diese Wettbewerbsfähigkeit gebracht, auch der Euro ist für sie längst zu schwer geworden. Wer sich aber nicht selbst helfen kann, dem müssen andere helfen. Von wo nach wo die Unterstützung geht, scheint durch das Nord-Süd-Gefälle gleichsam naturgesetzlich vorgegeben.

Da die Schwachen ungenügende Anstalten machen, ihr Niveau in Richtung der Starken anzuheben, drängt sich die umgekehrte Maßnahme auf, nämlich das Niveau der Starken an das der Schwachen anzupassen. Nach der Devise, man stärkt die Schwachen am besten, indem man die Starken schwächt, bemühen sich die Euroretter, den Fleißigen ein wenig von ihrer Produktivität auszutreiben. Wie Präsident Hollande zu Recht feststellte, leistet der Koalitionsvertrag dazu einen großen Beitrag.

Von Hans-Olaf Henkel (08.12.2013)

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