»Die neuen Sorgenländer der Eurozone…«

Die Sorgenkinder der Euro-Zone machen langsam Fortschritte: Spanien, Portugal und Griechenland können 2014 wieder mit einem leichten Wirtschaftswachstum rechnen. Das sagen 31 von Reuters befragte Ökonomen voraus. Doch die Schwäche mancher Kernländer ist eklatant: In Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Finnland steigt sowohl die Verschuldung des Staates als auch der privaten Haushalte.

Auch deshalb fordert der niederländische Finanzminister und Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, den EU-Stabilitätspakt zu ändern und Ländern wie Frankreich mehr Zeit zum Defizit-Abbau zu geben. Es folgt ein Überblick über die Probleme dieser Länder:

Frankreich

Die Arbeitslosigkeit ist mit 3,3 Millionen Erwerbslosen so hoch wie nie zuvor. Das entspricht einer Quote von 10,9 Prozent. Sie wird im kommenden Jahr sogar über die 11-Prozent-Marke steigen, wie Ökonomen erwarten. „Die Unternehmen zählen zu viele Beschäftigte angesichts der sich leerenden Auftragsbücher“, sagt Bruno Ducoudre von der Denkfabrik OFCE. Hauptursache: Das Land hat trotz einer ausgezeichneten Infrastruktur und einem hohen Bildungsniveau viel an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Wegen hoher Steuern und einem starren Arbeitsmarkt liegt Frankreich im weltweiten Vergleich des World Economic Forum nur noch auf Rang 23, Deutschland dagegen auf Platz vier. Noch vor zehn Jahren exportierten die Franzosen regelmäßig mehr als sie importierten, jetzt liegt das Leistungsbilanzdefizit bei zwei Prozent der Wirtschaftsleistung.

Exemplarisch für die Probleme steht Peugeot Citroen : Während die deutschen Auto-Hersteller die Krise in Europa durch boomende Geschäfte in den USA und den Schwellenländern gut wegstecken, fuhr das 1810 gegründete und auf Europa ausgerichtete Unternehmen 2012 rund fünf Milliarden Euro Verlust ein. Tausende Stellen wurden gestrichen.

Niederlande

Mit ganz anderen Problemen kämpfen die Niederlande, die zu den zehn wettbewerbsfähigsten Ländern gehören und mit hohen Exportüberschüssen glänzen. Trotzdem dürfte das Bruttoinlandsprodukt 2013 bereits das zweite Jahr in Folge schrumpfen. Ursache ist die geplatzte Immobilienblase. Seit 2008 sind die Preise für Wohnimmobilien um mehr als ein Fünftel eingebrochen. Die Verschuldung der privaten Haushalte entspricht wegen der hohen Hypotheken-Kredite 130 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. „Die Kombination aus hoher privater Verschuldung und Immobilienpreisblasen besitzt enorme Sprengkraft“, sagt Commerzbank-Ökonom Marco Wagner. Die Niederländer schränken deshalb ihren Konsum ein. Das drückt die Einnahmen des Staates, der allein im kommenden Jahr zusätzlich acht Milliarden Euro sparen will. Gerade einmal 0,5 Prozent Wachstum trauen Ökonomen dem Land 2014 zu.

Belgien

Ähnlich wie Frankreich importiert der kleine Nachbar inzwischen mehr als er exportiert, obwohl das jahrzehntelang umgekehrt war. Die Produkte aus beiden Ländern seien oft nicht im High-Tech-Bereich angesiedelt und deswegen einem besonders starken internationalen Preiswettbewerb ausgesetzt, sagt Commerzbank-Experte Wagner. „Darüber hinaus investieren französische und belgische Unternehmen vergleichsweise wenig in Forschung und Entwicklung.“ Auch in Belgien hat die Wettbewerbsfähigkeit gelitten. Allein im ersten Quartal stiegen die Arbeitskosten bei Industrie und Dienstleistern um 2,6 Prozent, im Schnitt der Euro-Länder dagegen nur um 1,6 Prozent.

Dazu kommt die hohe Verschuldung Belgiens: Der Schuldenstand dürfte in diesem Jahr auf über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen und 2014 noch weiter klettern. Das lässt wenig Spielraum für Investitionen oder Steuersenkungen, um die Konjunktur anzukurbeln. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte bereits 2012 und dürfte in diesem Jahr auf diesem Niveau stagnieren. Für 2014 wird ein Wachstum von bis zu einem Prozent erwartet.

Finnland

So wie Peugeot für die Probleme Frankreichs steht, kann man die Sorgen Finnlands an Nokia festmachen. Steuerte der einst weltgrößte Handy-Konzern bis zu zwei Prozentpunkte zum Wirtschaftswachstum des kleinen Euro-Landes bei, so schloss das frühere Aushängeschild, das inzwischen von Samsung und Apple abgehängt wurde, Ende 2012 sein letztes Handy-Werk in der Heimat. Zwar belegt Finnland in der Rangliste der wettbewerbsfähigsten Volkswirtschaften den dritten Platz – noch vor Deutschland. Das verhinderte aber nicht, dass das Bruttoinlandsprodukt 2013 bereits das zweite Jahr in Folge schrumpften dürfte.

Die Staatsverschuldung dürfte zudem im kommenden Jahr erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg über die Marke von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen, wodurch die Top-Bonitätsnote AAA gefährdet werden könnte. Die private Verschuldung ist noch viel höher: Nach Angaben der Commerzbank beläuft sie sich auf 180 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Auch hier gelten die Häuserpreise inzwischen als überbewertet. „Dabei birgt Finnland das besondere Risiko, dass die vormalige Politik darauf ausgelegt war, das Wohneigentum gerade für Geringverdiener zu fördern“, warnt Commerzbank-Experte Wagner. „Darüber hinaus sind nahezu alle Hypotheken-Kredite variabel verzinst, so dass eine Zinserhöhung die Kredite schnell verteuern könnte.“

Quelle: http://www.format.at/articles/1344/931/368648/die-sorgenlaender-eurozone

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