Der IWF schlägt in einem neuen Papier ein globales Vorgehen bei der Lösung der Schuldenkrise vor. Es läuft auf massive Verluste bei Rentnern, Anlegern und Sparern hinaus. Die Betroffenen dürften ihre Enteignung erst bemerken, wenn es zu spät ist. Um den Crash im Finanz-System zu verhindern, will der IWF die Finanzierung von Staatsschulden über die Notenpresse zur Regel machen. Nach diesem Prinzip hatte zuletzt der Ostblock gearbeitet.
Wenn IWF-Chefin Lagarde ihre Pläne umsetzt, sind auch deutsche Sparer betroffen. (Foto: dpa)
Deutschland gegen die USA, Jogi gegen Klinsi!
Gibt es Wichtigeres?
Es gibt.
Die gelbe Karte für die Sparer und Anleger kommt vom Internationalen Währungsfonds.
Der IWF hat ein Konzept vorgelegt, dass Schulden-Schnitte für überschuldete Staaten in Zukunft kompromissloser und effektiver durchgeführt werden.
In Europa wären die Betroffenen Halter von Lebensversicherungen, Anlagefonds und andere Formen der Alterssicherung: Denn in einem neuen IWF-Papier wird sehr detailgenau beschrieben, wie man den privaten Sektor, der in Staatsanleihen investiert hat, enteignen kann.
Es ist eine bemerkenswerte Blaupause, die alle bisherigen Betrachtungen über den Kauf von Staatsanleihen über den Haufen wirft.
Bereits vom Oktober 2013 machte sich der Internationale Währungsfonds (IWF) für eine Zwangs- bzw. Vermögensabgabe stark. Er propagierte eine allgemeine „Schulden-Steuer“ in Höhe von 10 Prozent für jeden Haushalt in der Euro-Zone, der auch nur über geringe Ersparnisse verfügt.
Das Geld solle für den Schulden-Dienst verwendet werden. Um die gewaltigen Staatsverschuldungen zu senken, solle man doch direkt in die Ersparnisse der Bürger greifen. Ganz gleich ob Spargelder, Wertpapiere oder Immobilien, etwa zehn Prozent könne man enteignen. Denn die Staatsverschuldung der Euro-Länder sei insgesamt deutlich über 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen.
Es folgte ein halbes Dementi des IWF, doch der „Vorschlag“ stand deutlich im Raum. Im Januar 2014 schloss sich auch die Bundesbank dem Vorhaben an, gleichwohl fokussiert auf eine „Vermögensabgabe“. In ihrem Monatsbericht ließ sie verlauten: „In der Ausnahmesituation einer drohenden staatlichen Insolvenz könnte eine einmalige Vermögensabgabe aber günstiger abschneiden als die dann noch relevanten Optionen“, falls höhere Steuern oder drastische Begrenzungen der Staatsausgaben nicht genügten oder sich nicht umsetzen ließen.
Nun meldet sich der IWF mit einem neuen, weitreichenden Vorschlag zu Wort, wie die exorbitanten Staatsschulden abgebaut werden könnten. In dem nun vorliegenden Working Paper hat der Internationale Währungsfonds jene Anleger im Blick, deren finanziellen Reserven in irgendeiner Form in Fonds mit Staatsanleihen angelegt sind.
Das sind ziemlich viele, auch wenn es die meisten Betroffenen nicht wissen: Welcher Arzt, Anwalt oder Journalist kann schon sagen, wo seine Berufsvorsorge seine Beiträge angelegt hat? Welcher Anleger kann wirklich beurteilen, was in seinen Fonds versteckt ist?
Fest steht auf jeden Fall: Jahrelang haben alle Fonds Staatsanleihen gekauft – in der mittlerweile überholten Annahme, dass Staatsanleihen besonders sicher sind.
Und diese sollen nun in einer, wie der IWF das nennt “Neu-Profilierung” der Strategie für Staatsschulden neu bewertet werden. Das Papier ist nichts anderes als eine geordnete Abwicklung von Staats-Schulden – auf Kosten der Bondholder. Im Fokus stehen dabei Staaten, die entweder keinen Zugang mehr zum Finanzmarkt haben oder „deren Schuldenstand als nachhaltig angesehen wird, aber nicht mit einer hohen Wahrscheinlichkeit“.
Im Klartext würde es bedeuten, dass, falls der Schuldenstand nicht mehr zu bewältigen ist, Alt-Gläubiger zu Teilen enteignet werden sollen. Der Plan des IWF ist, wie die Autoren betonen, keine endgültige Regelung, sondern ein Vorschlag, der in den kommenden Monaten diskutiert werden soll. Doch faktisch bedeutet der Vorschlag, dass sich Anleger von Staatsanleihen auf Forderungsverzichte oder Negativ-Zinsen einstellen müssen. Zuletzt hatte der IWF von der EZB den Ankauf von Staatsanleihen der Euro-Staaten eingefordert. Von der Bundesregierung war hierzu nichts verlautbart.
Bemerkenswert ist, dass der IWF den Haircut bei den privaten Gläubigern als eine Art Bedingung dafür vorstellen, dass Pleite-Staaten weiter Kredite von den offiziellen Gläubigern – also dem IWF oder der EZB – erhalten können.
Das Papier konterkariert in drastischer Weise die Beteuerungen von Mario Draghi, dass Staatsanleihen “risikolose” Papiere sind: Wenn sich die Auffassung des IWF durchsetzt, können sich die Bondholder auf massive Haircuts einstellen. Das wiederum wird vor allem die Pensionsfonds treffen, die in den vergangenen Jahren gerade deswegen in die Staatsanleihen gegangen sind, weil die Papiere als langweilig, risikolos und daher berechenbar galten.
Allerdings wohnt dem Papier eine gewisse Logik inne, wenn man die Aktionen der Akteure in der globalen Branche des künstlichen Geldes in Betracht zieht. Der Vorschlag ist der Praxis des Aktien-Rückkaufs von Unternehmen nicht unähnlich: Die Zentralbanken kaufen die Staatsanleihen und drohen den privaten Käufern oder Gläubigern mit dem Schuldenschnitt.
Offenbar unter dem Eindruck des Urteils eines US-Gerichts über die Staatsschulden in Argentinien will der IWF sicherstellen, dass sich Gläubiger wie Hedge Fonds ihre Rechte nicht mehr über bestimmte Klagemöglichkeiten (sogenannte Collective Action Clause, CAC) in Sicherheit bringen können. Dies hatte in Griechenland dazu geführt, dass einige Hedgefonds mit besonders guten Nerven und Anwälten trotz des Schuldenschnitts sogar noch einen Profit machen konnten.
Anders als jedoch bei Unternehmen, die reale Bilanzen mit realen Produkten vorlegen können, läuft der IWF-Vorschlag auf eine globale Verstaatlichung der Staatsfinanzen hinaus. Dieses Konzept hatte den Ostblock zu Fall gebracht – weil die Staaten mit der Möglichkeit der Endlos-Schleife in der Finanzierung vollständig korrumpiert wurden.
Doch offenbar ist die Schulden-Last global so drückend, dass der von den USA beherrschte IWF keinen anderen Ausweg mehr sieht als die Eliminierung aller Marktmechanismen bei der Staatsfinanzierung. Wenn es nicht so viele ahnungslose Rentner betreffen würde, denen künftig massive Einbußen drohen, könnte man sagen: Selbst schuld, wer Staatsanleihen hält.
Der IWF-Vorschlag kommt zufällig während der Fußball-WM: Er offenbart einen weitreichenden Plan zur Enteignung von Sparern, Anlegern und Rentnern. Die größte Sorge der Deutschen ist in diesen Tagen nämlich nicht, ob sie bald mit leeren Taschen dastehen werden, sondern, ob Löw und Klinsmann ein transatlantisches Bündnis schließen und das Weiterkommen beider Nationalmannschaften durch einen Nichtangriffspakt sichern.
Man muss der Zeitung Die Welt zugute halten, dass sie dieses Papier als erste in Deutschland ausgegraben und in seiner Brisanz erkannt hat.
Der IWF dürfte den Sparern die Bombe nicht bewusst zu diesem Zeitpunkt unter das TV-Sofa geschoben haben. Doch im IWF und bei den Zentralbanken arbeiten viele Investment-Banker.
Und in deren Branche gilt ein goldenes Prinzip: Timing ist alles.