»EZB-Entscheidung: Zinssenkung setzt Lebensversicherungen unter Druck!«

Die Lebensversicherung gehört zu den Lieblingen der Deutschen, wenn es um Altersvorsorge geht. Das Zinstief bringt die Versicherer allerdings nun vehemend in Schwierigkeiten. Nun wollen sie sich an die Umstände anpassen.

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München – Die Zins-Talfahrt in Deutschland bringt die Lebensversicherung weiter unter Druck. Seit Jahrzehnten ist sie der Liebling der deutschen Sparer für die Altersvorsorge, weil sie feste Zinsen für Jahrzehnte garantiert und den Todesfall absichert. Mit rund 90 Millionen Verträgen gibt es mehr Lebensversicherungen in Deutschland als Einwohner. Der Wert der meisten Lebensversicherungen geht aber in den Keller, weil die Versicherer ihr Geld nicht mehr so profitabel angelegen können wie früher. Die erneute Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank auf ein Rekordtief könnte die Probleme verschärfen.

Die Lebensversicherer müssen bei alten Verträge mit hohen Garantien von bis zu 4 Prozent zu erfüllen. „Wir befürchten, dass sich zukünftig immer mehr Lebensversicherer aus dem aktiven Geschäft verabschieden werden und nur noch die Bestände verwalten wollen.“, sagt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten. Das Beispiel der Victoria zeige bereits, dass Kunden dann mit schlechteren Überschüssen rechnen müssen.

Deutschlands größter Versicherer Allianz warnte am Freitag vor den finanziellen Folgen der EZB-Entscheidung. „Hier werden die Zinserträge jeglicher Sparer weiterhin angegriffen werden“, sagte Finanzvorstand Dieter Wemmer. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft sprach nach der Überraschungsbotschaft aus Frankfurt von einem fatalen Signal für alle Altersvorsorgesparer in Deutschland.

„Die niedrigen Zinsen gehen massiv zu ihren Lasten“, warnte Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung. Der Bund der Versicherten sieht das gesamte Modell der Lebensversicherung in Gefahr. Das Geschäftsmodell der Branche werde durch die Zinssenkung „final auf den Prüfstand gestellt“, sagte Vorstand Axel Kleinlein dem „Tagesspiegel“.

Probleme machen den Lebensversicherungen vor allem die alten Verträge. Aus den 1990er Jahren haben viele Sparer noch Verträge mit einem Garantiezins von vier Prozent auf das Sparguthaben, die ihnen die Versicherer nun liefern müssen. Das gelingt ihnen immer schlechter, weil jedes Jahr alte, hochverzinste Anleihen, in denen die Versicherer viel Geld angelegt haben, auslaufen. Mit der Neuanlage verdienen sie längst nicht mehr soviel.

Versicherer suchen nach Alternativen

Die Versicherer passen ihren Verkaufsschlager aber an die neuen Umstände an. Als Ausweg aus dem Zins-Dilemma haben mehrere Anbieter vor kurzem Lebensversicherungen ohne Garantiezins auf den Markt gebracht. Zugesichert wird den Kunden nur der Erhalt der eingezahlten Beiträge und später eine Mindestrente. Den Rest bestimmt das Umfeld an den Kapitalmärkten – geht es bergauf, profitieren auch die Kunden. Auch die eingesparten Garantiekosten sollen an die Kunden weitergegeben werden.

Beim Marktführer Allianz laufen diese abgespeckten Lebensversicherungen nach Schilderung des Unternehmens prächtig an. Im September machte die neue Lebensversicherung nach Angaben von Wemmer 13 Prozent des gesamten Neugeschäfts aus. „Es scheint so zu sein, als wird es eine der erfolgreichsten Produkteinführungen für unsere Gruppe.“ Auch die Ergo meldet einen guten Start mit ihren neuen Versicherungen ohne Garantiezins. „Wir sind sehr zufrieden“, sagte ein Sprecher.

Bei der Konkurrenz dürften diese Äußerungen aufmerksam gehört werden – denn gerade die kleinen Versicherungen wollten erst abwarten, wie es bei den Großen läuft, bevor sie ihre Lebensversicherungen 2.0 auf den Markt bringen. „Die anderen werden nachziehen müssen“, sagt Finanzexperte Hans-Peter Burghof. Den Kunden garantierten die neuen Lebensversicherungen immerhin den Erhalt ihres Kapitals. Das sei den leidgeprüften Sparern inzwischen auch schon etwas wert.

Tabelle: Die Renditen von knapp 60 Lebensversicherern:

Altersvorsorge
Was Lebensversicherte erwarten dürfen
Wer jetzt eine Lebenpolice abschließt, muss sich mit historisch niedrigen Renditen begnügen. Die Tabelle zeigt Ablaufrenditen nach Kosten von Policen die zum 67. Lebensjahr auslaufen. Die Angaben gelten bei einem monatlichen Beitrag von hundert Euro.
Versicherer Laufzeit: 30 Jahre(Ablaufrendite in %)
Aachen Münchener 3,4
Allianz 3,5
Alte Leipziger 3,3
Asstel 3,9
Axa 3,6
Barmenia 3,4
Basler 2,7
Bayern Versicherung 2,7
Concordia 2,9
Condor 3,0
Continentale 3,9
CosmosDirekt 4,1
DANV 2,6
DBV 3,6
Debeka 3,7
Deutsche Ärzteversicherung 3,3
DEVK Eisenbahn a.G. 3,7
DEVK-Allgemeine 3,6
Die Bayerische 3,2
ERGO Direkt 3,4
ERGO Leben 2,3
Europa 4,5
Generali 3,2
Gothaer 3,5
Hannoversche Leben 3,7
HanseMerkur 3,3
HDI 2,5
Helvetia 3,6
HUK24 4,4
Huk-Coburg 4,2
Iduna Leben 3,0
Inter 3,1
Interrisk 3,3
Karlsruher 3,4
LV 1871 3,0
LV 1871 PA 2,9
LVM 3,5
Mamax Leben 3,2
Mecklenburgische 3,4
Neue Leben 3,6
Nürnberger 3,8
Oeco Capital 2,4
Öffentliche Berlin 2,5
Öffentliche Braunschweig 3,6
Provinzial NordWest 3,2
Provinzial Rheinland 2,8
R+V 3,0
Stuttgarter 3,8
Süddeutsche 2,8
SV Leben 2,5
Swiss Life 2,6
VGH Versicherungen 3,6
VHV Leben 3,4
Volkswohl Bund 3,4
VPV Leben 2,7
WGV 3,5
Württembergische 3,0
WWK 2,9
Quelle: Morgen & Morgen. Stand Oktober 2013 
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