Auf Weg nach Wien am Sonntag, 25.06.2017 zu einem Treffen der IBB hörten wir im Radio die Meldung, dass die beiden italienischen Kreditinstitute Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca von der EZB nicht unterstützt werden und sollte somit in die Pleite geschickt werden.
In Wien durften wir dann am Montag im Cafe Museum 20 tolle Menschen kennenlernen, wofür ich es dankbar bin.
Am Nachmittag hörten wir dann dann die Meldung: Der Staat unterstützt die Rettung der beiden Krisenbanken mit insgesamt bis zu 17 Milliarden Euro. Fünf Milliarden Euro davon fließen sofort, etwa für Abfindungen der entlassenen Beschäftigten und die Eingliederung der beiden Regionalbanken in die Großbank. Die übrigen zwölf Milliarden Euro werden gebraucht, um faule Kredite der beiden Banken abzuwickeln. Diese sollen in einer so genannten »Bad Bank« verwaltet werden.
»Was ist denn eine »Bad Bank«? Kann Du mir bitte genauer erklären, worum es sich hierbei handelt?« fragte mich Mina – meine Lebensgefährtin -, nachdem die Meldung im Radio zu Ende war.
»Sehr gerne. Doch zuerst möchte ich Dir kurz etwas darüber sagen, warum solche Institutionen wie »Bad Bank« oder auch »SoFFin« überhaupt erst notwendig geworden sind und einige Jahre zurück blicken, als die Finanzkrise im Jahre 2008 ihren Anfang fand. Die »giftigen Papiere«, in die Banken investiert haben, liegen hinter dicken Tresorwänden, in geheimen Schließfächern, auf versteckten Konten. Es gibt derzeit wohl kaum ein besser gehütetes Geheimnis: Niemand kennt die genaue Summe und keiner kann ermitteln, wie hoch der Schaden wirklich ist. Seit Beginn der Wirtschaftskrise halten sich die Banken sorgsam bedeckt, wenn es um Auskünfte über ihre »toxischen Wertpapiere« geht. Und vermutlich wissen viele Institute nicht einmal selbst, in welchem Ausmaß sich ungedeckte Kredite und wertlose Schuldverschreibungen in ihren Bilanzen verbergen.«
»Über welchen Zeitraum haben die Banken denn überhaupt in diese wertlosen, vergifteten Papiere investiert?« wollte Mina wissen.
»Einige Jahre, möglicherweise sogar Jahrzehnte. In vielen Fällen lassen sich die ursprünglichen Schuldner gar nicht mehr ermitteln. Wer hätte gedacht, dass eines Tages insolvente Immobilienkäufer aus Oklahoma oder arbeitslose Absolventen aus Illinois, die die Raten für ihre Studiendarlehen nicht mehr begleichen können, deutsche Großbanken in die Verzweiflung treiben? Damals, als die Kredite noch heiß waren und zigfach verschnürt in den Händen smarter Anlagenberater aus Frankfurt landeten, gab es schließlich nur gute Banken und Aussichten auf großartige Profite.«
»Und jeder Banker wollte in diesem großen Spiel mitmischen!«
»Genau. Keiner zwischen Hamburg und München wollte das Geschäft seines Lebens verpassen. Deutschland sei »Weltmeister in riskanten Bankgeschäften« gewesen, sagte der ehemalige EU-Industriekommissar Günter Verheugen Anfang Mai 2009 gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Nirgendwo, auch nicht in Amerika, hätten sich Banken »mit größerer Bereitschaft in unkalkulierbare Risiken gestürzt, allen voran die Landesbanken«.
»Gab es irgendwelche Reaktionen auf die Aussage von Günter Verheugen?«
»Seine Aussagen zeugten von einer »überraschenden Unkenntnis der Faktenlage.« hieß es in Berlin. Den Handlungen der unbändigen Banker konnte sich jedoch auch der damalige Finanzminister Peer Steinbrück nicht mehr verschließen. Sollten die deutschen Banken ihre toxischen Wertpapiere komplett realisieren, wären die meisten von ihnen wohl bankrott, da sie nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügen, um diese Wertberichtigung zu überleben. Deswegen fordern immer mehr Experten eine direkte staatliche Beteiligung an den Banken.«
»So weit will die Bundesregierung dann doch nicht gehen!«
»Genau. Während selbst die britische Regierung ihre krisengeschüttelten Institute ohne große Skrupel zügig verstaatlichte, gilt Gleiches hierzulande in der Regel als blasphemischer Akt gegen die Marktwirtschaft. Die Bundesregierung in Berlin entschloss sich daher zu einem Kompromiss, der gute Chancen hat, gleichermaßen alle Beteiligten zu verprellen: Banken, Wirtschaft und Steuerzahler. Die Banken sollen demnach die toxischen Papiere an so genannte »Bad Banks« übergeben und im Gegenzug staatliche Anleihen dafür erhalten. Die Banken können damit auf einen Schlag ihre Bilanzen bereinigen. Eigenkapital, das sie bislang zurückhalten mussten, um die riskanten Papiere abzusichern, wäre wieder frei. Unternehmen, die händeringend um Kredite nachsuchen, könnten dann dringend notwendige Investitionen finanzieren. Auch der Handel zwischen den Banken könnte endlich wieder normal funktionieren: Keine müsste der anderen misstrauen, dass sie noch weitere Leichen im Keller versteckt hält.«
»Wie soll das ganze ablaufen?«
»Das erkläre ich Dir gleich. Zuerst möchte ich etwas zum »SoFFin« sagen, weil es diesen vor der »Bad Bank« gab. Der so genannte Finanzmarktstabilisierungsfonds wurde am 17. Oktober 2008 in einem Eilverfahren beschlossen, bei dem am selben Tag Bundestag und Bundesrat das Finanzmarktstabilisierungsgesetz verabschiedeten, der Bundespräsident das Gesetz sogleich unterzeichnete und so den Fonds ins Leben riefen. Die Rechtsverordnung zu diesem Gesetz wurde am 20. Oktober vom Bundeskabinett verabschiedet. Innerhalb von nur 3 Tagen wurde als hier ein neues Gesetz verabschiedet, was in der Geschichte der »BRD« einmalig ist.«
»Das dauert doch sonst immer Monate, wenn nicht sogar Jahre?«
»Denke dabei doch nur an die Absichtserklärung, die Angela Merkel im Bezug auf eine Garantie für alle Spareinlagen im Herbst 2008 abgeben musste. Wurde darüber mittlerweile denn ein Gesetz verabschiedet?«
»Darüber wird in der Regierung nicht mal mehr nachgedacht. Die Aussage diente also nur zur Beruhigung des Volkes? Nachdem, was in den letzten Wochen und Monaten geschehen ist, glaube ich fast, dass die Finanzinstitute für die Regierung wichtiger sind, als das Volk?«
»Da könntest Du durchaus Recht haben. Kommen wir also wieder zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Die durch das Gesetz eingerichtete Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA) verwaltet den Fonds. Er wird in der Form eines Sondervermögens des Bundes gebildet und unterliegt damit nicht den üblichen Regeln der Haushaltsplanung. 65 Prozent der Kosten werden vom Bund und 35 Prozent, maximal aber 7,7 Milliarden Euro, von den Bundesländern getragen, wobei der Fonds hat ein Volumen von 480 Milliarden Euro hat. Zunächst dürfen in dem Fonds Kredite von bis zu 70 Milliarden Euro zum Erwerb von Problemaktiva und zur Beteiligung an Finanzinstitutionen aufgenommen werden. Über einen weiteren Kreditrahmen in Höhe von zehn Milliarden Euro kann mit Einwilligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages zum selben Zweck verfügt werden. Darüber hinaus wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, weitere 20 Milliarden Euro aufzunehmen, um damit Forderungen, die aus Garantie resultieren, zu befriedigen: Die FMSA ist ermächtigt für Schuldtitel und Verbindlichkeiten der begünstigten Unternehmen Garantien bis zu einer Gesamthöhe von 480 Milliarden Euro auszusprechen. Es gab wohl noch nie in der deutschen Nachkriegsgeschichte ein staatliches Gremium, das über derart umfangreiche finanzielle Ressourcen verfügte.«
»Welche Unternehmen können den Gelder bei der SoFFin beantragen?«
»Es sind Institute im Sinne des § 1 Abs. 1b des KWG, also Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute, Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des VAG, Kapitalanlagegesellschaften im Sinne des InvG, Betreiber von Wertpapier- und Terminbörsen sowie deren Mutterunternehmen. Die Hilfen sollen allerdings nur für Unternehmen mit Sitz im Inland gelten.«
»Also die komplette Finanzbranche!«
»Genau. Wie schizophren dieses Fondsmodell ist, zeigt eindeutig das Beispiel der Commerzbank. Sie bekam im Dezember 2008 eine stille Staatseinlage von 8,2 Milliarden Euro. Außerdem hat – neben der Geldspritze, die komplett dem Eigenkapital der Bank zugute kam –, der »SoFFin« weitere Garantien in Höhe von 15 Milliarden Euro übernommen. Die Bank verpflichtete sich im Gegenzug, für 2008 und 2009 keine Dividende auszuschütten und Sonderkredite in einem Volumen von 2,5 Milliarden Euro für den Mittelstand zur Verfügung zu stellen. Und was macht die Commerzbank dann im Januar 2009?«
»Da hat sie doch die Dresdner Bank übernommen?«
»Richtig. Allerdings war der Abschluss der rund fünf Milliarden Euro teuren Übernahme nur möglich, nachdem der »Staat« seine Kapitalhilfen, die im Dezember 2008 an die Commerzbank bezahlt wurden, im Januar 2009 dann um weitere 10 Milliarden, auf mehr als 18 Milliarden Euro erhöht hatte.«
»Und so entstand also mit der Hilfe von Gelder, die der Steuerzahler letztendlich zurück bezahlen muss, das zweitgrößte Geldhaus Deutschlands? Da wollen wir doch wenigstens hoffen, dass die Regierung ihr versprechen, Banken und Finanzmärkte strenger zu kontrollieren, wahr macht!«
»Das Versprechen, das als eine Gegenleistung für die vielen hundert Milliarden Euro, die wir aufbringen sollen, damit die Finanzinstitute wieder ins Geschäft kommen, ausgesprochen wurde?«
»Ganz genau. Allerdings lies die Finanzaufsicht bei der Vorlage des Jahresberichts Mitte Mai 2009 offen, wie sie das durchführen möchte. Hast Du beispielsweise gewusst, dass selbst Bundestagsabgeordnete bei der Verteilung des Geldes so gut wie nichts zu melden haben?«
»Nein. Das habe ich nicht gewusst!«
»Der Haushaltsauschuss führt beispielsweise immer wieder Sitzungen des Kontrollgremiums für die Bankenrettung durch. Der Ausschuss soll das milliardeschwere Rettungspaket für die Finanzbranche unter die Lupe nehmen, aber an wen das Geld vergeben wird und unter welchen Bedingungen, entscheidet allein die Regierung. So hat der Kontrollausschuss keinerlei Möglichkeiten, die Entscheidungsprozesse zu beeinflussen. Es handelt sich also hier um ein reines Informationsgremium, und eben nicht um einen Kontrollausschuss, der somit ausschließlich von zahnlosen Pseudoabgeordneten besetzt ist, die nichts zu sagen haben.«
»Hat das denn noch irgendetwas mit einer demokratischen Entscheidungsfindung zu tun?«
»Natürlich nicht. Es ist allerdings noch viel schlimmer, denn jedes Mitglied dieses Kontrollausschusses darf über die Fakten, die es während einer solchen Sitzung erfährt, mit niemandem reden. Alles bleibt streng geheim! Den Parlamentariern des Ausschusses drohen sogar Gefängnisstrafen, obwohl es um hunderte Milliarden Euro an Steuergelder geht. Das ist auch gut so, zumindest für den Finanzminister. Weil niemand so recht weiß, was der Rettungsfonds eigentlich treibt, fällt auch kaum mehr auf, dass Steinbrück Ziele verfolgt, die nicht zueinander passen: Mit dem Konzept will er das Vertrauen in den maroden Kreditmarkt möglichst schnell wiederherstellen, gleichzeitig soll diese Operation aber möglichst wenig kosten. Kurz vor den Bundestagswahlen kommt es bei den Wählern nicht gut an, ausgerechnet den unbeliebten Bankern das Geld hinterher zuwerfen.«
»So werden also insgesamt 480 Milliarden Euro an Steuergeldern »verbraten« ohne echte Kontrolle? Das ist doch mehr als der doppelte Bundeshaushalt und beim Bundeshaushalt wird sehr oft über viel kleinere Beträge tage- oder wochenlang diskutiert, ob sie ausgegeben werden sollen und dürfen!«
»Richtig erkannt. Beim »SoFFin« hat der Bundestag allerdings nicht nur nichts zu sagen, sondern wird nicht mal mehr darüber informiert!«
»Das heißt also, das wir als Steuerzahler die Milliarden aufbringen müssen, werden aber auf der anderen Seite niemals erfahren, ob die Banken weiterhin mit diesem Geld zocken! So bestimmt also ausschließlich die Finanzmarktstabilisierungsanstalt »FMSA«, wie das Geld verteilt wird. Von wem wird die »FMSA« eigentlich geleitet? Wer entscheidet also über die Vergabe der 480 Milliarden Euro?«
»Der Leitungsausschuss der »FMSA« ist durch ehemalige Bankern besetzt worden: Gerhard Stratthaus (LBBW), Dr. Hannes Rehm (Nord-LB) und Christopher Pleister (früherer Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken). Sie machen Vorschläge, welcher Bank mit welcher Summe geholfen werden soll. Diese Vorschläge werden dann dem so genannten Lenkungsausschuss vorgelegt, der ausschließlich durch Staatssekretäre besetzt ist: Finanz-Staatssekretär Jörg Asmussen, aus dem Bundeskanzleramt Jens Weidemann und Walther Otremba aus dem Wirtschaftsministerium.
Diese drei Herren entscheiden dann, welche Bank, wie viel Staatshilfe aus dem »SoFFin« bekommt. Oft geschieht das in direkter und geheimer Absprache mit der jeweiligen Bank. Und das letzte Wort hat der Finanzminister: Wolfgang Schäuble. Das Parlament und die Bevölkerung werden dann vor vollendete Tatsachen gestellt und nur der Kontrollausschuss des Bundestages wird über Details informiert. Aber eben nur informiert!«
»Da muss ich mir doch die Frage stellen, warum Details über einzelne Vertragsbestandteile nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben werden?«
»Der Leiter des Kontrollausschusses – oder sollte ich besser sagen Informationsausschusses – Albrecht Rupprecht von der CSU sagt dazu: »Würden Details in der Öffentlichkeit diskutiert, dann würde das zu einer Destabilisierung der betroffenen Bank führen.«
»Aber das heißt doch, dass die wirkliche Situation der Banken nicht an die Öffentlichkeit dringen soll und das hier jegliche demokratische Grundordnung ignoriert wird!«
»Richtig. Diese Rechte hat das Parlament unter dem Schock der Finanzkrise allerdings freiwillig aufgegeben.«
»Freiwillig aufgegeben?«
»Ja. Erinnere Dich an die Zeit im Oktober 2008, als die internationale Finanzwelt mit unabsehbaren Folgen vor dem Zusammenbruch stand. Nun kam die Forderung, dass der Staat den Kollaps verhindern sollte. In nächtlichen Krisensitzungen im Kanzleramt wurden sich die Gesprächsbeteiligten sehr schnell über gigantische Hilfen der Finanzinstitute einig. Nach Angaben von Insidern waren an diesen Gesprächen beispielsweise der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann und eine ganze Reihe von Bankanwälten beteiligt. Und so wurde die internationale Anwaltskanzlei Freshfields damit beauftragt, ein Gesetz zur Stabilisierung des Finanzmarkts zu entwerfen. Die gleiche Kanzlei arbeitete vorher auch für Banken wie die angeschlagene Hypo Real Estate. Nur wenige Tage später wird dem Parlament ein Gesetz vorgelegt. Eine echte Wahl hatte der Bundestag nicht. Angela Merkel äußerte sich folgendermaßen dazu:
»Wir wissen, dass die Verabschiedung dieses Paketes von Maßnahmen völlig ohne Alternative ist!«
Und so wird in nur einer Woche, ohne Einhaltung der gesetzlichen Fristen, durch alle Gremien gepeitscht. CDU, SPD und FDP stimmten für das Rettungspaket! Ab diesem Zeitpunkt liegt die Vollmacht über 480 Milliarden Euro ausschließlich bei der Regierung und das Parlament hat sich so selbst ausgeschaltet und dem deutschen Volke bleibt nur zu zahlen.«
»Das heißt also, dass die Gesetze für die Rettung des Finanzmarktes nicht von der Regierung gemacht wurde, sondern von externen Anwälten der Bankenlobby vorgeschlagen und dann vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet wurden.«
»Richtig. Der Bürger glaubt, dass Gesetze in den Ministerien oder Fraktionen geschrieben werden, doch die Praxis zeigt ganz klar, dass es eben nicht so ist.«
»Da bricht aber nun ein großes Stück meines Weltbildes für mich zusammenbricht! Warum lassen sich denn unsere Volksvertreter so etwas gefallen?«
»Interessant ist auch, was Bundespräsident Horst Köhler am 24. März 2009 in einer Pressekonferenz gesagt hat:
»Wir verschenken das Geld nicht an die Banken. Wir fordern Gegenleistungen in Form von Mitsprache, Zinsen und Mitarbeit bei der Krisenbewältigung.«
»Weiß er nun tatsächlich nicht, welches Gesetz er da im Oktober 2008 unterschrieben hat oder sagt er hier ganz einfach nicht die Wahrheit?«
»Das sollte ihn mal jemand fragen und dann hoffen, eine ehrliche Antwort zu bekommen!«
»Erzähl mir doch bitte nun etwas über die »Bad Bank«. Die deutsche Regierung hat im Mai 2009 ja eine ins Leben gerufen! Liegt wenigstens hier ein bisschen Hoffung für die Bürger?«
»Die Idee, dass eine neue Staatsbank den Geldinstituten alle riskanten Wertpapiere abnehmen soll, sieht auf den ersten Blick möglicherweise interessant aus. Aber dennoch ist es keine sehr gute Idee.«
»Aber warum das denn?«
»Nun. Die Banken brauchen immer noch mehr Geld vom Staat, denn die Krise des Finanzsektors ist längst nicht eingedämmt. Das haben die vergangenen Wochen ganz deutlich gezeigt. Immer schneller folgten die Hiobsbotschaften aufeinander: Zunächst erhielt die Commerzbank frisches Eigenkapital vom Staat, dann beteiligte sich der Bund indirekt über die Post auch an der Deutschen Bank, die einen Rekordverlust vermeldete. Die Citigroup, die ehemals größte Bank der Welt, wird zerschlagen. Und in Deutschland spekuliert die Finanzszene unterdessen über die Zukunft weiterer Geldhäuser, etwa der Hypo Real Estate. Die Royal Bank of Scotland gab bekannt, sie habe den größten Verlust erwirtschaftet, den ein Unternehmen in der britischen Wirtschaftsgeschichte je verbuchte, worauf Gordon Browns Regierung sehr schnell ein zweites Notprogramm für die englischen Banken verabschiedete.«
»Steht also die nächste Welle der Bankenkrise bevor?«
»Möglicherweise wird das sogar ein ausgewachsener Tzunami und die Staaten werden etwas unternehmen müssen, um dessen Wucht zu bremsen. Gehen nämlich die Kredithäuser Pleite, fällt die ganze Wirtschaft – das gilt es zu verhindern.«
»Und deswegen wurde die »Bad Bank« gegründet?«
»Richtig. Eine »Bad Bank« würde den Geldinstituten die faulen Wertpapiere abkaufen, die seit Monaten ihre Bilanzen vergiften. Experten schätzen ihren Umfang auf mehrere hundert Milliarden Euro. Durch die Vertrauenskrise an den Finanzmärkten verlieren diese Papiere immer weiter an Wert. Selbst Pfandbriefe, die als besonders sicher gelten, waren zuletzt nur mit Abschlägen zu verkaufen. Und weil die kritischen Papiere mit Krediten unterlegt sind, die im Abschwung noch häufiger ausfallen als in guten Zeiten, wird die Rezession die Verluste der Institute noch weiter vergrößern. Es ist eine Spirale nach unten: Weil die Finanzhäuser weitere Abschreibungen vornehmen müssen, schrumpft ihr Eigenkapital, weshalb sie weniger Kredite vergeben können, was wiederum die Rezession verstärkt.«
»Aber dann wäre es doch ein Befreiungsschlag, wenn der Staat den Banken alle giftigen Papiere abnimmt! Er könnte sie später wieder verkaufen, vielleicht sogar mit Gewinn, wenn die Märkte sich beruhigt haben.«
»So einfach ist das nicht. In der Vergangenheit haben Japan, Schweden und auch die U.S.A. gemischte Erfahrungen mit »Bad Banks« gesammelt. Schweden wird gerne als Beispiel angeführt, wenn es darum geht, die segensreichen Wirkungen solcher Institute zu belegen. Aber die schwedische Geschichte zeigt ebenso gut die Probleme, die sie aufwerfen.«
»Kannst Du mir mehr über die schwedischen Erfahrungen erzählen?«
»Sehr gerne. Das beginnt schon mit dem Aufwand, den es bedeutet, die »giftigen Wertpapiere« zu bewerten und zu verwalten. Eine ganze Armee von Experten war in Schweden allein damit beschäftigt. Und die Papiere, um die es heute geht, sind ungleich komplizierter zu verstehen. Niemand kann wissen, wo ihr fairer Wert liegt. Ich befürchte, dass sich der Bund in Deutschland an seiner »Bad Bank« finanziell verspekulieren wird.«
»Und was ist mit den künftigen Gewinnen? Das könnte doch ein Argument sein?«
»Wenn diese so leicht zu erzielen wären, dann würden die Banken doch darum kämpfen, die Papiere selbst zu behalten. Da sie das nicht tun, kommt doch der Verdacht auf, dass sie in der »Bad Bank« vor allem einen Weg suchen, sich auf bequeme Art aus der selbst verschuldeten Affäre zu ziehen. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum der Staat ihnen das ermöglichen sollte.«
»Von diesem Standpunkt aus habe ich das noch gar nicht gesehen.«
»Außerdem hat der Steuerzahler ohnehin für die Rettung der Banken schon kräftig bluten müssen und es gibt überhaupt keine Rechtfertigung dafür, dass er auf einen Schlag einen weiteren dreistelligen Milliarden Betrag finanzieren sollte.«
»Gäbe es Deiner Meinung nach eine andere Lösung?«
»Die gibt es tatsächlich. Konsequenter, einfacher und vor allem billiger wäre es, den Banken durch staatliche Eigenkapitalspritzen zu helfen. Nach der Devise: Geld gegen Aktien, also eine direkte Beteiligung und die Möglichkeit auf die Geschäfte der Institute Einfluss zu nehmen, oder die Pleitekandidaten vorübergehend komplett zu verstaatlichen.«
»Aber diese Lösung wird den Vertretern der Kreditwirtschaft doch ganz bestimmt nicht schmecken?«
»Da hast Du Recht. Doch es wäre für die Bürger, die durch ihre Steuern die Zeche bezahlen, weit aus günstiger als die gegenwärtige Politik. Gleichzeitig wären die Chancen des Staates, den späteren Wiederverkauf der Institute mit Gewinn abzuschließen, sehr viel höher als beim komplizierten Konstrukt einer »Bad Bank«.
»Aber der Staat ist doch nicht unbedingt ein guter Banker?«
»Sicher. Aber haben die privaten Finanzinstitute in den letzten Monaten und Jahren nicht ebenso eindrucksvoll gezeigt, dass sie auch keine guten Banker sind? Eine »Bad Bank« könnte sie nur ermutigen, auch künftig zu viel zu riskieren und so wäre die nächste Krise bereits vorprogrammiert!«
»Ich glaube fast, dass das durchaus passieren könnte.«
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