Die Bundesbank sieht die Diskussion über Obergrenzen beim Bargeld und eine Abschaffung des 500-Euro-Scheins weiter mit großer Skepsis. Bankvorstand Thiele warnt mit deutlichen Worten vor „unklaren Zielen“ und einer Bedrohung für die „Freiheit“.
In der Diskussion um Bargeldobergrenzen und die Abschaffung des 500-Euro-Scheins fordert Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele mehr Sachlichkeit. „Die Argumente, die gegen Bargeld und Barzahlungen vorgebracht werden, sind wenig überzeugend“, sagte Thiele bei einer Veranstaltung in Berlin. Der Notenbanker ist im Führungszirkel der Bundesbank unter anderem für das Bargeld und den Zahlungsverkehr zuständig.
„Das Argument der Bekämpfung von Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder Kriminalität greift nicht.“ Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, so Thiele weiter, der Bevölkerung würde nach und nach das Bargeld entzogen. „Man muss sich hierbei vor Augen halten: Die Freiheit stirbt häufig scheibchenweise.“ Ähnlich hatte sich Thiele bereits Anfang März geäußert.
500er auf dem Prüfstand
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte sich offen dafür gezeigt, den 500-Euro-Schein abzuschaffen. Zudem plädierte er dafür, Bargeldgeschäfte hierzulande auf maximal 5000 Euro zu begrenzen. Auf europäischer Ebene kursieren Pläne, entsprechende Obergrenzen bei Bargeldzahlungen einzuführen. EU-Kommissar Günther Oettinger sprach sich kürzlich dafür aus, sich mittelfristig vom Bargeld zu verabschieden. Oettinger ist in Brüssel für den digitalen Wandel verantwortlich. „Wir werden mit der Apple-Watch bezahlen, mit dem Smartphone bezahlen“, sagte er. „Bargeld stirbt aus.“
Unabhängig davon befasst sich auch die Europäische Zentralbank (EZB) mit Plänen, in denen über die Abschaffung des 500-Euro-Scheins nachgedacht wird. „Was in diesem Zusammenhang bislang fehlt, ist eine wissenschaftliche, fundierte Evaluierung der Maßnahmen, die in anderen Ländern bereits umgesetzt wurden“, sagte Thiele.
Weniger Verbrechen in Italien?
Ihm sei nicht bekannt, dass in Ländern mit einer Bargeldobergrenze wie Italien oder Frankreich die Kriminalität entsprechend geringer wäre. „Ob die mit der Einführung einer Barzahlungsobergrenze anvisierten Ziele erreicht werden, ist daher völlig unklar.“ Kriminelle könnten beispielsweise auf die Cyber-Währung Bitcoin – oder auf große Geldscheine anderer Währungen – ausweichen.
Von einer Abschaffung von Schein und Münze ist Deutschland nach Thieles Einschätzung weit entfernt: „Bis es soweit ist, dass Verbraucher eher das Smartphone als die Banknote und die Münze zum Bezahlen an der Ladenkasse nutzen, wird noch einige Zeit vergehen.“
Entscheidung Anfang Mai
Das „Wall Street Journal“ hatte jüngst unter Berufung auf Insider berichtet, die Bundesbank stemme sich nicht mehr generell gegen die Absicht, den Schein zum Auslaufmodell zu machen. Nach Informationen der Zeitung wird der EZB-Rat Anfang Mai über die Sache entscheiden.
Thiele bestätigte, dass die mit einer Abschaffung verbundenen Konsequenzen derzeit fachlich geprüft würden. Er verwies darauf, dass bei einem Aus für den Fünfhunderter Banknoten mit anderem Nennwert mit zusätzlichen Kosten beschafft werden müssten. Zeitungsberichten zufolge rechnet die Bundesbank selbst im günstigsten Fall mit Mehrkosten von über einer halben Milliarde Euro.