Banknoten werden eingeflogen: Venezuela leidet unter der weltweit höchsten Inflation. Die Regierung kann den großen Bedarf nach neuen Geldscheinen aber nicht erfüllen. Denn sie kann die Druckereien nicht bezahlen.
In Venezuela fehlt es angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Lage an vielen Dingen – Lebensmittel, Medikamente oder Windeln sind Mangelware. Der Strom ist knapp. Und nun hat die Regierung offenbar nicht einmal mehr ausreichend Geld, um Geld zu drucken.
Das ist unter anderem deshalb bemerkenswert, weil es selbst Simbabwe – berüchtigt für eine galoppierende Inflation – stets gelang, Geldscheine mit weiteren Nullen unters Volk zu bringen.
Mittlerweile ist Venezuela das Land mit der weltweit höchsten Inflation. Die jüngsten offiziellen Angaben stammen vom Januar, demnach stiegen die Preise im vergangenen Jahr um rund 140 Prozent. Der Internationale Währungsfonds ging damals jedoch von 275 Prozent aus – und rechnete für das laufende Jahr mit einer Inflationsrate von 720 Prozent. Das liegt vor allem daran, dass sich die Währung Bolivar im freien Fall befindet und nahezu alle Güter importiert werden müssen.
Während in Venezuela die Preise kräftig steigen, fällt es der Regierung schwer, die Nachfrage nach Bargeld zu befriedigen. Der Grund: Sie braucht so viele Banknoten, dass die Druckerpressen im Land nicht ausreichen. Das meiste Bargeld wird von privaten ausländischen Herstellern gedruckt, vor allem vom britischen Traditionsunternehmen De La Rue.
Wie die Finanznachrichtenagentur „Bloomberg“ berichtet, ist die Regierung Venezuelas nun in Zahlungsrückstand geraten und schuldet dem Gelddrucker rund 71 Millionen Dollar. Das zeigt, in welchen Zahlungsschwierigkeiten die Regierung steckt. Denn aufgrund des niedrigen Ölpreises und der notorischen Misswirtschaft der vom ehemaligen Präsidenten Hugo Chávez ausgerufenen „bolivarischen Revolution“ schwinden die Devisenreserven rapide – und dass, obwohl Venezuela weltweit über die größten Ölreserven verfügt.
Frachtflugzeuge fliegen Geld ein
Angesichts der Rekord-Inflation bestellte die Zentralbank „Bloomberg“ zufolge bis Ende vergangenen Jahres bei verschiedenen Herstellern insgesamt rund zehn Milliarden Banknoten Zum Vergleich: Die US-Notenbank Fed ließ 2015 rund 7,6 Milliarden Geldscheine drucken – für eine Wirtschaft, die sehr viel größer ist als die Venezuelas. Außerdem werden Dollar-Scheine weltweit verwendet.
Der riesige Bedarf erklärt sich auch dadurch, dass der größte Geldschein Venezuelas die 100-Bolivar-Note ist. Legt man den offiziellen Wechselkurs zugrunde, ist sie 10 US-Dollar wert. Doch wer in Venezuela noch Dollar hat, versucht sie schwarz zu tauschen. Und wenn man den Kurs auf dem Schwarzmarkt betrachtet, sieht die Sache schon anders aus. Laut der Seite dolartoday.com, die den Tauschkurs an der Grenze zu Kolumbien beobachtet, bekommt man dort für 100 venezolanische Bolivar lediglich 10 US-Cent.
Dem „Wall Street Journal“ zufolge landeten im den vergangenen Monaten dutzende Boeing-747-Frachtflugzeuge in der Hauptstadt Caracas – mit Banknoten an Bord. Doch wegen der Probleme der Regierung, die Rechnungen der Gelddrucker zu bezahlen, wurde lediglich ein Drittel der georderten Scheine geliefert.
Da die bisher beauftragten Druckereien angesichts nur schleppend oder gar nicht beglichener Rechnungen wenig Lust auf Folgeaufträge haben, sieht sich Venezuela „Bloomberg“ zufolge nach Alternativen um. Doch schlechte Zahlungsmoral spricht sich herum – deshalb dürfte es für das Land immer schwieriger werden, Lebensmittel, Medikamente und selbst das ebenfalls dringend benötigte Bargeld zu importieren.