Frankreich ist Kernland und Gründungsmitglied der Europäischen Union. Jetzt könnte sich das Land als deren Sprengsatz erweisen.
Europa hat gewählt! Zwar konnte die Bevölkerung nicht über Krieg oder Frieden abstimmen, ganz so wie es uns die EU-Politiker zuvor weismachen wollten, jedoch darüber, wie weit sich das (T)Raumschiff Brüssel inzwischen von der Realität entfernt hat. Die Anti-Brüssel-Parteien avancierten vielerorts zur stärksten oder zweitstärksten Kraft, womit die Wahl belegt, dass die Lage in Europa nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch immer fragiler wird!
So gewann im EU-kritischen Großbritannien die UKIP mit ihrer Forderung nach einem Austritt aus der EU mit rund 30 Prozent der Stimmen klar die Mehrheit, was den amtierenden Premier David Cameron, der ohnehin für 2017 ein Referendum über einen Verbleib des Landes in der EU in Aussicht gestellt hatte, europapolitisch noch stärker unter Druck setzen dürfte.
Blickt man auf die Wahlergebnisse in den Südländern, so spiegeln diese nicht nur den schlechten wirtschaftlichen Zustand, sondern auch die Hoffnungslosigkeit nach sechs Krisenjahren. In Griechenland, dem Aufschuldungs-Versuchslabor der Eurozone, konnte nicht nur das vom EU-Schreck Alexis Tsipras angeführte Linksbündnis Syriza, das 2009 noch auf 4,7 Prozent Stimmenanteil kam, die Wahl mit 26,6 Prozent deutlich für sich entscheiden, es gelang gar der rechtsextremen Partei Chrysi Avgi, deren halbe Führungsriege derzeit im Knast sitzt, als drittstärkste Kraft drei Mandate im neuen EU-Parlament zu ergattern.
In Italien, der drittgrößten Volkswirtschaft Europas, wo die Wirtschaftsleistung im „Jahr des EU-Aufschwungs“ zu Jahresbeginn abermals nur „negativ“, die Staatsverschuldung jedoch „positiv“ auf 2.120 Milliarden Euro wachsen konnte, vereinte der neue Schulden versprechende Ministerpräsident Matteo Renzi mit 41,4 Prozent zwar eine deutliche Mehrheit der Stimmen auf sich, doch die M5S-Partei des Komikers Beppe Grillo, der die Schulden des Landes Schulden lassen sein will, wurde klare zweite Kraft im Lande. Während in Italien der große Schock noch vermieden werden konnte, kann dieses in Bezug auf den Wahlausgang in Frankreich jedoch nicht behauptet werden.
Eine „grande catastrophe“ mussten die EUrokraten in Frankreich zur Kenntnis nehmen, wo mit Marine Le Pen und ihrem Front National ausgerechnet jene Partei zur stärksten Kraft gewählt wurde (24,9 Prozent), die besser gestern als heute die EU als auch den Euro hinter sich lassen möchte. Der Zulauf für die von Wolfgang Schäuble als faschistisch eingestufte Partei zeigt, wie desolat die Lage im zweitgrößten EU-Land tatsächlich ist. Seit Jahren stagniert die Wirtschaft, die Staatsquote ist mit lähmenden 56,1 Prozent die höchste in ganz Europa, während die Verschuldung des Landes nun sogar kurz davor steht, die 2.000-Milliarden-Euro-Mauer zu durchbrechen – trotz aller Sparrhetorik!