Wenn die Sparer ihr Geld abziehen…

Es ist wie in dem Märchen von des Kaisers neuen Kleidern, in dem sich der Herrscher von zwei Betrügern ein neues Gewand schneidern lässt. Die Betrüger geben vor, aus edelsten Materialien einen besonderen Stoff zu weben, der nur von Personen gesehen werden könne, die ihres Amtes würdig sind. Tatsächlich schaffen sie die kostbaren Werkstoffe beiseite. Der Hofstaat bewundert pflichtbewusst die vermeintlichen Kleider – bis ein Kind sagt, der Kaiser sei doch in Wahrheit nackt, und der Schwindel auffliegt…

wenn-sparer-geld-abziehenDer Schwindel ist die Grundlage jedes modernen Finanzsystems. Es funktioniert nur, wenn die Sparer daran glauben, dass sie ihr Geld jederzeit abheben können – und bricht unweigerlich zusammen, wenn sie es tatsächlich tun. Das gilt auch für Länder wie Deutschland, wo die Staatskassen gut gefüllt sind. Die Deutschen haben rund 3.000 Milliarden Euro bei ihren Banken deponiert – das ist mehr als die gesamte jährliche Wirtschaftsleistung des Landes.

Wenn die Sparer ihr Geld abziehen, kollabiert jede Bank

Deshalb ist es riskant, wenn Zweifel an der Sicherheit der Einlagen aufkommen. Und selbst wenn dies nicht einen Ansturm auf die Konten zur Folge hat: Jeder Euro, der von einer südeuropäischen Bank abgezogen wird, schadet der dortigen Konjunktur, weil die Banken weniger Kredite vergeben können. Nach Analysen der Investmentbank Goldman Sachs liegen die Zinskosten für Firmen in Spanien oder Italien bereits heute erheblich über denen der deutschen Konkurrenz. Für einen Kredit mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren und einer Kreditsumme von bis zu einer Million Euro müssen Unternehmen in Deutschland und Frankreich weniger als vier Prozent Zinsen bezahlen, in Italien und Spanien dagegen fast sechs Prozent.

Deshalb arbeitet die EZB intern Gegenmaßnahmen aus. Vor allem die Kreditvergabe an kleinere und mittlere Unternehmen im Süden will die Notenbank ankurbeln. Dass sie sich damit noch stärker am Rettungsgeschäft beteiligt, dürfte vor allem in Deutschland auf Kritik stoßen, wo schon die bisherigen Frankfurter Hilfsaktionen vielen Ökonomen zu weit gehen. Doch die Intervention der Zentralbank ist der Preis für die marktwirtschaftliche Strenge bei der Bankenrettung.

Womöglich müssen die Deutschen noch eine zweite Position räumen, um das Finanzsystem zu stabilisieren. Nach Einschätzung von Experten wie Jacob Funk Kirkegaard, Europa-Experte am Peterson Institute for International Economics in Washington, wird das Vertrauen nur zurückkehren, wenn ein gemeinschaftlich finanzierter europäischer Fonds die Abwicklung der Banken und die Sicherung der Einlagen von Kleinsparern übernimmt.

Die USA verfügen über einen derartigen Fonds. Die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) wurde während der Weltwirtschaftskrise vom damaligen Präsidenten Franklin Delano Roosevelt gegründet. Damals brachen immer wieder Banken zusammen, weil verängstigte Kunden die Konten plünderten. Die FDIC wickelte marode Banken ab und zahlte die Einleger bis zu einer staatlich festgelegten Garantiesumme aus. Die Methode hat sich in der letzten Krise bewährt. Während in Europa jede Bankenschieflage den Kontinent an den Rand des Abgrunds bringt, haben die Amerikaner seit Ausbruch der Krise rund 500 Geldhäuser geräuschlos abgewickelt.

Die Großbank Citigroup hat die Kosten eines solchen Fonds für Europa einmal durchgerechnet: Demnach müsste die Einlagensicherung mit 154 bis 198 Milliarden Euro ausgestattet werden, um die zu erwartenden Schieflagen auffangen zu können – das Geld müssten die Sparer im Lauf der Zeit über eine Gebühr aufbringen, der Rettungsfonds ESM könnte es auslegen.

In Brüssel wird an solchen Modellen längst gearbeitet. Die Europäische Kommission wollte eigentlich im vergangenen Jahr eine entsprechende Vorschrift auf den Weg bringen, deutsche Diplomaten stoppten die Pläne aber. Es galt als politisch nicht vermittelbar, hiesige Sparer zu belasten. Seither liegt das Vorhaben auf Eis.

Möglicherweise nicht mehr lange, denn ein großes Tauschgeschäft zeichnet sich bereits ab: Europa beugt sich dem Willen der Deutschen und wickelt marode Banken künftig ab, dafür gibt die Bundesregierung ihren Widerstand gegen einen gemeinsamen Absicherungsfonds auf. Aber erst einmal wird in Deutschland gewählt…

Bernd M. Schmid (Finanz Punk)


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